ROTH&EFFINGER mit Roboter im Handelsblatt

Wachstum durch Horst: Fruitcore will den Mittelstand mit preisgünstigen Robotern versorgen

Von: Thomas Jahn / Handelsblatt

Kleine Unternehmen können sich oft keine großen Roboter leisten. Diese Lücke besetzt das deutsche Start-up Fruitcore. Dessen System kommt schon hundertfach zum Einsatz – Tendenz steigend.

Düsseldorf | Horst ist bei den 35 Mitarbeitern des Mittelständlers ROTH&EFFINGER beliebt. Der Kollege ist sehr fleißig, seit 2020 erledigt er langweilige Arbeiten, ohne zu murren. Alle 40 Sekunden legt Horst lasergeschnittene Blechteile auf eine Tiefziehpresse, die das Blech formt. Das übergibt Horst an einen Bohrer. Bis zu 120.000-mal macht er das im Jahr, es entstehen sogenannte Flanschplatten.

Horst ist nur ein Akronym für „Highly Optimized Robotic Systems Technology“ – Horst 900 ist eine Maschine. „Wir sind sehr zufrieden, der Roboter funktioniert einwandfrei“, sagt Marius Effinger, Produktleiter und Mitglied der Geschäftsführung des Unternehmens am Rande des Schwarzwalds.

Es ist der erste Roboter des kleinen Fertigungsherstellers ROTH&EFFINGER. Und dazu einer, der direkt aus der Nachbarschaft kommt. Horst wird in Villingen beim Unternehmen Fruitcore gebaut. Das gibt es erst seit fünf Jahren, Roboter stellt es seit zwei Jahren her – dafür sind aber schon bis zu 800 Roboter im Einsatz in der Industrieproduktion.

jens riegger und patrick heimburger fruitcore
Jens Riegger und Patrick Heimburger von Fruitcore

Die Geschäftsidee kommt an: vergleichsweise erschwingliche und leistungsstarke Roboter für den Mittelstand zu bauen. Ein riesiger Markt, in Deutschland setzen laut Statistischem Bundesamt bisher nur vier Prozent aller Unternehmen ab zehn Beschäftigten einen Industrieroboter ein.

„Wir füllen eine Lücke zwischen den teuren Industrierobotern und preiswerteren, aber nicht so leistungsfähigen Cobots“, sagt Jens Riegger, Vorstandschef und Mitgründer von Fruitcore. „Wir wollen Roboter in die Masse bringen.“

Das Interesse ist groß. Übernahmeangebote aus der Schweiz, China und von Konzernen lehnte Fruitcore ab. Jetzt sammelt das Unternehmen rund 23 Millionen Euro von Risikokapitalgebern wie UVC Partners und Capricorn ein. „Wir wollen einen integrierten Roboterhersteller aufbauen, der ein Milliardenunternehmen werden könnte“, sagt Benjamin Erhart, Partner bei UVC. Das würde zwar lange Zeit brauchen, aber Fruitcore besäße bei Soft- und Hardware einen Vorsprung vor anderen Firmen.

Fruitcore-Chef Riegger ist mit seinen Zukunftshoffnungen etwas bodenständiger und spricht von einer Produktion von mehr als 10.000 Robotern in drei bis vier Jahren. „Der Fachkräftemangel spielt uns voll in die Hände“, sagt Patrick Heimburger, Chief Revenue Officer von Fruitcore. „Wir haben Kunden, die vor unvorstellbaren Problemen stehen und einfach nicht alle Arbeitsplätze besetzen können.“

Der Erfolg fußt auf einer kleinen und erschwinglichen Roboterfamilie. So kostete der kleinste Horst 600 etwas mehr als 11.000 Euro, der leistungsstärkste Horst 1400 knapp 18.000 Euro. Dazu kommen noch Service- und Softwareleistungen.

Mit rund 20 Patenten sicherte die Firma ihre Innovationen ab. Davon ist die Wichtigste das Getriebe: Horst kann für seine Größe weit reichen und schwere Lasten heben. „Die intelligente Anordnung von sogenannten Schrittmotoren, Planetengetrieben und Viergelenkketten ermöglichen einen starken Kostenvorteil und eine Alleinstellung“, sagt Werner Kraus, Robotikexperte vom Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA).

„Das ist ein tolles Produkt mit einer tollen Positionierung“, sagt Helmut Schmid, Vorstand des Deutschen Robotik Verbands. Das Lob von Schmid zählt etwas, er führt auch das Westeuropageschäft von Universal Robots, indirekt ein Konkurrent.

Schmid wie auch Produktionsleiter Effinger preisen die leichte Inbetriebnahme von Horst. Für Industrieroboter von führenden Anbietern sind wochenlange Schulungen der Mitarbeiter nötig. Bei Fruitcore reichen ein paar Stunden per Videokurs. Gerät, Steuerung, Betriebssystem und App sind alle von Fruitcore selbst entwickelt worden und harmonisieren entsprechend.

Bei Fruitcore stehen die Zeichen auf Wachstum. Bislang hat die Firma rund 500 Kunden, die vor allem aus Deutschland und den umliegenden Ländern stammen. Mit dem Investorengeld will die Firma jetzt ihr Vertriebsnetz ausweiten, mittelfristig will man auch in die USA expandieren.

„Trotz der geringen Stückzahl und hohen Qualität können wir einen geringen Preis verlangen. Wenn wir die Stückzahl hochfahren, wird das beängstigend sein – so stark können wir den Preis senken“, sagt Fruitcore-Chef Riegger.

Der Fertigungshersteller ROTH&EFFINGER ist auf jeden Fall Fan, nicht nur wegen des Preises. Auch der Name ist beliebt. „Unsere Mitarbeiter haben jetzt unsere Hydraulikpresse Hilde getauft“, sagt Produktionsleiter Effinger. In die legt Horst seine Bleche: „Horst und Hilde arbeiten Hand in Hand.“



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